* Diese Fortbildung basiert auf dem Ansatz der Vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung© des Instituts Kinderwelten für diskriminierungskritische Bildung e.V. und erfolgt als langjährige Mitarbeiterin und Multiplikatorin für den Ansatz in enger Verbundenheit und fachlicher Kooperation. Anfragen für Fortbildungen oder Vorträge zu einzelnen konkreten Diskriminierungsformen, von denen ich selbst nicht negativ betroffen bin (z.B. Rassismen, Antisemitismus, Queer- und Trans*feindlichkeit), leite ich an qualifizierte Kolleg*innen aus dem Netzwerk des Instituts Kinderwelten e.V. weiter oder biete eine Zusammenarbeit im Tandem an.
Das stimmt, vermutlich gibt es keinen Menschen ohne Vorurteile. Wie erlernen sie ab dem Tag, an dem wir geboren werden. Aber wir werden nicht in gleichem Maße Ziel von Vorurteilen und dem, wozu sie in zu vielen Fällen führen: Abwertung und Diskriminierung. Es gibt Vorurteile, die direkt diskriminierungsrelevant sind (z.B. Vorurteile gegenüber jüdischen Menschen), und solche, die es nicht sind (z.B. Katzenfan).
Vorurteile sind auch keine „Privatsache“, weil sie reale Auswirkungen auf die Menschen haben, auf die sie gerichtet sind. Wird beispielweise weiterhin behauptet, dass weibliche Personen „zu emotional für Führungspositionen“ sind, wirkt sich das ganz konkret auf die Besetzung von Stellen und die Verteilung von Macht und Ressourcen aus. Und das ist nur ein Beispiel, die Liste ist leider sehr, sehr lang und jedes Beispiel, jedes Vorurteil, steckt Menschen in sehr engen Schubladen. Schubladen, aus denen sich vor allem junge Menschen nur schwer oder auch gar nicht wieder befreien können. Deshalb lohnt es sich, über das Thema nachzudenken, die eigenen Vorurteile in den Blick zu nehmen und sie zu verabschieden.
PS: Manchmal wird gesagt, dass es ja auch positive Vorurteile gibt und das doch super wäre. Ich glaube nicht, das dem so ist und denke gerade an eine Freundin, die gesagt hat: „Ich war immer nur süß und alles andere wurde nicht gesehen!“ Sie war ein sehr süßes Kind, ja, aber sie war auch so viel mehr, was nicht wahrgenommen wurde, sie steckte in der (vermutlich gut gemeinten) „Süß-Schublade“ fest und es ging ihr nicht gut damit.
Das höre ich ziemlich oft und wenn wir dann beginnen, genauer hinzuschauen, wird deutlich, dass "es" doch eine Rolle spielt. Vielleicht beantworten ein paar Aussagen von pädagogischen Fachkräften, mit denen ich arbeiten durfte, die Frage am besten:
„Religion? Spielt keine Rolle bei uns, dachte ich. Bis mir bewusst wurde, dass unsere gesamte Gesellschaft christlich dominiert ist und damit auch unsere Einrichtung; das beginnt ja bereits bei den Feiertagen, an denen wir schließen, oder bei den Festen, die wir feiern.“
„Da wir keine Kinder mit Behinderung betreuen, dachte ich, das sei kein Thema für die Kinder, aber da habe ich mich getäuscht. Erst neulich habe ich erfahren, dass Milou jedes Wochenende bei ihrer Oma, die blind ist, verbringt, und dieses Thema sie sehr beschäftigt.“
„Suki wird immer wieder wegen ihrem Körpergewicht geärgert, erst jetzt habe ich verstanden, dass auch das zum Thema Diskriminierung gehört, in einer Gesellschaft, in der alle immer schlank sein müssen, um als schön bewertet zu werden.“
„Ich habe mich erschrocken, als ich an Sofies Geburtstag ein Gespräch der Kinder hörte; sie machten sich über ihre Geschenke lustig, weil einiges davon aus dem Second-Hand-Laden war. Sofie war zum Glück nicht dabei!"
Pädagogische Einrichtungen sind keine abgeschlossenen, von der Gesellschaft getrennten, Räume. Deswegen finden wir alles, was gesellschaftlich wirksam ist, auch hier.
Die Sache mit der - missverstandenen - Neutralität. Auch mir wird in letzter Zeit häufiger gesagt, dass ich als Referentin doch "neutraler sein müsse". Das ist eine interessante Aussage! Denn was würde Neutralität im Angesicht von Unrecht bedeuten? Es würde bedeuten wegzuschauen, wegzuhören, nichts zu tun. "Schweigen bedeutet zustimmen!" ist ein oft zitierter Satz. Noch treffender hat es Demond Tutu formuliert: „Wenn sie in Situationen von Ungerechtigkeit neutral bleiben, stellen sie sich auf die Seite des Unterdrückers. Wenn ein Elefant seinen Fuß auf dem Schwanz einer Maus hat und sie sagen, dass sie neutral sind, wird der Schmerz der Maus durch ihre Neutralität nicht beendet.“
Ich glaube, wenn es uns darum geht, Ungerechtigkeit abzubauen, funktioniert das nicht in "Neutralität". Wir beziehen Position, eng verbunden mit unseren Werten und unserem professionellen Auftrag als pädagogische Fachkräfte - und das ist gut so!
Was oft gemeint ist, besonders im Kontext Schule, ist das sogenannte "Neutralitätsgebot" für Lehrpersonen, das es so nicht gibt - die Formulierung lautet "parteipolitisch neutral". Der Orientierungsrahmen ist das Grundgesetz und dort steht bereits in Artikel 1 "Die Würde des Menschen ist unantastbar". Das bedeutet, dass es zu unseren Aufgaben gehört, genau diese Würde, und zwar aller, zu schützen und wenn notwendig auch zu verteidigen.
Menschenverachtende, diskriminierende Aussagen und Positionen verletzen die Menschenwürde und brauchen unseren Widerspruch. Es geht nicht um "Wertneutralität". Bei Mobbing schreiten wir doch auch ein und argumentieren nicht mit einem vermeintlichen "Neutralitätsgebot".
Vertiefende Informationen zum Thema findest Du zum Beispiel hier.
Das kann ich so gut nachvollziehen! Die Arbeitsbedingungen sind aktuell in vielen Einrichtungen noch härter, als sie es in den letzten Jahren bereits waren. Danke, dass Ihr trotzdem mit all Eurer Kraft für die Kinder und Familien da seid und das Thema dennoch ernstnehmt. Wissend, dass auch Diskriminierung jeden Tag Menschen schädigt.
Mir hilft es, das Thema mit dem zu verknüpfen, was bereits getan wird. Es also nicht als komplett "neues Thema" zu verstehen - weil es das nicht ist. Es ist eher eine Brille, die wir aufsetzen können, um auf verschiedene Bereiche unserer Arbeit etwas genauer zu schauen. Und das in "kleinen Päckchen", so wie es gerade möglich ist. So wie sich Diskriminierung durch alles zieht, können wir auch ihren Abbau mit allem verknüpfen.
Das muss kein riesengroßes Projekt sein, bei dessen Vorstellung Euch bereits der Atem stockt. Vielleicht schauen wir gemeinsam auf Eure Bücher und prüfen, wer vorkommt und wer fehlt oder stereotyp dargestellt ist? Das können wir ändern! Vielleicht nehmen wir uns einen Tag Zeit, um zu reflektieren, wie wir mit den Kindern (oder über) sie sprechen. Egal wie wenig Zeit und wieviel Druck gerade ist, wir sprechen ja trotzdem jeden Tag miteinander und können das vielleicht weniger machtvoll gestalten? Worte tauschen, die dann nicht mehr verletzen, sondern bestärken.
Oder, oder, oder ... Kleine "Häppchen", die große Wirkung entfalten - und dann, wenn sie wirksam werden, langfristig den Alltag aller erleichtern.
Das stimmt, das Thema ist komplex und unsere pädagogische Praxis ist es auch. Gerade deswegen glaube ich, dass jeder einzelne Fortbildungstag, an dem wir gemeinsam auf einen kleinen Teil davon schauen, sehr wertvoll ist. Wir besprechen im Vorfeld, was bei Euch gerade "obenauf liegt" und bearbeiten es im Rahmen der Zeit, die wir haben. Das erscheint manchmal "klein" und "unbedeutend", aber das ist es nicht, ganz im Gegenteil, jeder einzelne Schritt ist richtig kostbar und ein wichtiger Anfang!
Es tut mir unsagbar leid, dass Du das erleben musst! Die Diskriminierung selbst und die Abwehr, wenn Du die Kraft aufbringst, um Kolleg*innen und/oder Leitungen darauf hinzuweisen sind massives Unrecht!
Und dennoch leider Alltag in vielen Einrichtungen. Wenn es eine schnelle Lösung dafür gäbe, müsstest Du nicht unter diesen Umständen arbeiten. Ein paar erste Gedanken: Kannst Du mit Deiner Leitung darüber sprechen und sie in Verantwortung bringen? Gibt es Kolleg*innen, mit denen Du Dich zusammenschließen kannst? Gibt es (wenn Deine Leitung ebenso in Abwehr und Leugnung verharrt) eine Person im Träger, an die Du Dich wenden kannst? Gibt es im Träger eine Beschwerde- und Beratungsstelle bei Diskriminierung? Falls es die nicht gibt (was Teil des Problems ist), kannst Du Dich hier an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wenden, die dann wiederum über Beratungsstellen in den einzelnen Bundesländern informiert ist.
Falls Deine Leitung an Deiner Seite ist, könnt Ihr vielleicht eine erste Teamfortbildung zum Thema buchen? Das war in Einrichtungen schon hilfreich, weil es dann nicht Du bist, die*der das Thema anspricht, sondern eine externe Person. Es kann die Situation aber auch verschärfen - die fortbildende Person verlässt Eure Einrichtung wieder, Du bleibst und im schlimmsten Fall, arbeiten die Personen, die nicht dazulernen, ihren Ärger über die Themensetzung an Dir ab.
Falls Du von Rassismus betroffen bist, gibt es im Institut Kinderwelten e.V. Beratungs- und Empowermentangebote. Die Termine und Ansprechpersonen findest Du auf der Homepage des Instituts. Ebenso auf der Homepage findest Du ein Kinderwelten-Info zum Thema: Das Tabu brechen - Rassismus gegen BIPoC-Pädagog*innen in Kitas thematisieren und den BIPOCCAST von Kinderwelten.
Bei Queerfeindlichkeit können die Kolleg*innen von QUEERFORMAT Dich beraten. Bei Trans*feindlichkeit die Fachstelle TIN. Bei anti-muslimischem Rassismus findest Du bei Report! erste Hilfe. Bei Diskriminierung aufgrund einer Behinderung kann Dich die ADB der Landesvereinigung Selbsthilfe Berlin e.V. unterstützen.
Beim Institut Kinderwelten für diskriminierungskritische Bildung und Beratung e.V. werden in regelmäßigen Abständen Multiplikator*innen zum Ansatz ausgebildet. Schau am besten auf der Homepage des Instituts nach neuen Kursen.
PS: Neben den Kursen für Multiplikator*innen wird es ab Herbst 2025 auch Intensivkurse zum Ansatz geben. Vielleicht ist das ja etwas für Dich?